Deine Katze kuschelt gerade mit Dir, alles scheint in bester Ordnung – und plötzlich zwickt sie in Deine Hand, faucht Dich an oder rennt weg? Damit bist Du nicht alleine und es gibt ein paar Grundsätze, mit denen das Kuscheln für Euch Beide in Zukunft noch viel angenehmer werden kann…
Ganz wichtig vorab: In diesem Artikel geht es nicht um Katzen, die wirklich fest zubeißen oder aktiv Menschen angreifen. Solche Fälle gibt es auch und Katzenbisse können wirklich gefährlich sein. Sollte Deine Katze wirklich verletzend zubeißen oder anderweitig aggressiv auf Menschen (oder auch andere Tiere) reagieren, ist das ein dringender Fall für eine Verhaltenstherapie!
Nun aber zurück zu den Katzen, die beim Streicheln scheinbar aus dem Nichts zwicken, zubeißen (ohne die Haut zu verletzen), kratzen oder scheinbar empört weggehen.
Diese „petting and biting“-Verhalten kommt bei Katzen nämlich relativ häufig vor und liegt sehr oft an einem der folgenden vier Gründe…

Grund 1: Irgendetwas hat weh getan
Unerkannte Schmerzen kommen bei Katzen nämlich leider wirklich häufig vor. Und wenn Du beim Streicheln versehentlich auf eine schmerzhafte Stelle gekommen bist, ist die heftige Reaktion der Katze ja gut nachvollziehbar.
Auf dieser Seite findest Du zusätzliche Infos zur Schmerzerkennung und mit dem Feline Grimace Scale einen einfach anwendbaren Score, um Schmerzen bei Katzen besser erkennen zu können.
Doch auch, wenn Deine Katze keine dauerhaften Schmerzanzeichen zeigt, aber mehrmals bei Berührungen an der gleichen Körperstelle zurückzuckt, ausweicht oder abwehrend reagiert, lass sie bitte unbedingt tierärztlich untersuchen.
Auch Schilddrüsenüberfunktionen können übrigens zu plötzlichen heftigen Reaktionen der Katze beim Streicheln führen. Denn durch Berührungen im Bereich der Schilddrüse bei einer Katze mit Schilddrüsenüberfunktion kann es zum plötzlichen Ausschütten einer hohen Menge von Schilddrüsenhormonen kommen, die dann ganz verschiedene Reaktionen bei der Katze (inkl. plötzlicher Aggressionsschübe) auslösen können.
Grund 2: Die „Spielaggression“
Wenn die Katze gerade eigentlich gar nicht kuscheln, sondern eher spielen will, kann es schonmal passieren, dass die streichelnde Hand als Spielzeug fehlinterpretiert wird. In dem Fall ist allerdings vorher schon ein wenig nicht ganz optimal gelaufen…
Denn weder Hände noch Füße sind Spielzeuge. Um genau dieses spielerische Beißen von vorneherein zu verhindern, verwende zum Spielen mit Deiner Katze bitte wirklich nur Spielzeuge und eben nicht Deine Hände. Auch wenn es noch so niedlich ist, wenn eine Katze nach zappelnden Fingern tapst – wie soll sie unterscheiden, warum Finger jagen manchmal ok ist und dann plötzlich verboten?
Das gilt übrigens auch ganz besonders für unter der Bettdecke zappelnde Zehen oder Finger – denn das ist aus Katzensicht wirklich ein ganz tolles Spielzeug. Nur doof, wenn sie manchmal damit spielen darf und dann der aus ihrer Sicht total logische Überfall mitten in der Nacht auf die schlafenden Zehen bei den Menschen gar nicht so gut ankommt.
Sei hier also bitte fair und halte die Regel „Hände sind zum Streicheln da, nicht zum Jagen“ auch dauerhaft ein und biete Deiner Katze zum Spielen geeignetere Dinge wie Plüschtiere an. Hierbei ist außerdem Zusammenarbeit innerhalb der Familie gefragt – denn die „Hände sind kein Spielzeug“-Regel gilt natürlich nicht nur für Dich, sondern für alle Menschen, die mit der Katze zu tun haben. Erkläre also bitte auch Kindern, Freunden, Familie, dem Partner oder wer auch immer sonst noch mit Deiner Katze spielt, dass menschliche Körperteile nicht gejagt werden, sondern es dafür eine gute Auswahl an Katzenspielzeug gibt.
In diesem Artikel gehen wir ausführlicher aufs Thema Katzenerziehung ein.
Sollte Deine Katze spielerisch Deine Hand oder andere Körperteile fangen, heißt es komplett entgegen der eigenen Instinkte handeln. Denn ziehst Du nun Deine Hand oder was auch immer weg oder rennst davon, steigert das die Jagdmotivation Deiner Katze noch mehr und sie wird unabsichtlich für den Spielangriff noch verstärkt.
Bleib in dem Fall also ganz „langweilig“, lass die Hand erschlaffen und bitte Deiner Katze stattdessen eine geeignetere Spielalternative an, die sie fangen darf.
Und ganz klar: wer genug gute Spielangebote hat und jagdlich gut ausgelastet ist, muss auch keine Hände fangen. Tägliches gemeinsames Spielen ist also für Katzen wirklich extrem wichtig. In diesem Artikel erfährst Du mehr dazu.

Grund 3: Der Angriff hat gar nicht mit Dir zu tun
Vielleicht hat Deine Katze sich auch gerade nur vor etwas ganz anderem erschrocken, wurde von einem Insekt gestochen oder, oder, oder. Schau in dem Fall einfach, ob Du ihr mit ihrem Problem helfen kannst und sei ihr bitte nicht böse. Denn erschrecken und dabei kurz unhöflich sein kann auch uns Menschen leicht mal passieren.
Grund 4: Reizüberflutung
Auch wenn Streicheln für Deine Katze eigentlich noch so schön ist, kann es ab einem gewissen Punkt zur Überreizung kommen. Wenn das Streicheln also „zu viel des guten wird“, wird die Katze anfangs versuchen, das durch subtile Signale zu zeigen. Zum Beispiel ein anspannen der Schnurrhaare, erhöhte Köperspannung, Schwanzschlagen oder Verlagern ihres Körperschwerpunktes weg von der Hand. Werden diese „netten“ Signale ignoriert oder einfach nicht gesehen und beachtet, muss sie zu drastischeren Mitteln greifen. Und je öfter sie bemerkt, dass die freundliche Art, um eine Pause zu bitten nicht gesehen wird, desto schneller wird sie in Zukunft direkt beißen, wenn es ihr zu viel wird.
Hier heißt die Lösung also: Hör Deiner Katze zu.

Das ist natürlich manchmal leichter gesagt als getan. Aber genauso wie auch wir Menschen brauchen auch Katzen eine gewisse Selbstbestimmung über ihren eigenen Körper. Fass sie also nicht einfach an, wenn Dir gerade danach ist, sondern halte ihr beispielsweise die Hand hin und warte ab, ob sie sich dagegen schmiegt und Dir damit „ja, bitte weiterstreicheln“ signalisiert.
Wenn sie beim Streicheln zeigt, dass es ihr jetzt reicht, akzeptiere das bitte. Denn nicht jeder möchte immer angefasst werden und das ist auch vollkommen ok. Falls Du als Kind häufiger von Erwachsenen ungefragt in die Wangen gekniffen worden bist oder Dir plötzlich die Haare verwuschelt wurden, kannst Du sicher gut nachvollziehen, dass auch nett gemeinte Berührungen oft wirklich nervig bis unangenehm sein können. Und da geht es Katzen nicht viel anders.
Ein typisches Beispiel: Beim Streicheln hörst Du irgendwann auf und lässt die Hand auf Deiner Katze liegen. Anfangs ist das auch total ok. Doch nach einigen Minuten wird die große Menschenhand auf der kleinen Katze immer schwerer und richtig unangenehm. Und dann wird auch die Katze plötzlich unangenehm, weil sie sich von dieser schweren Last befreien will.
Ein anderes typisches Beispiel: Du streichelst nebenbei Deine Katze und scrollst am Handy. Plötzlich beißt sie Dich in die Hand oder faucht Dich an. Vermutlich hat sie vorher schon einen starren Blick bekommen, die Ohren abgeklappt, sich verspannt, mit dem Schwanz geschlagen, vielleicht sogar die Pfote gehoben… und da all das nicht gesehen wurde, blieb ihr irgendwann nichts anderes mehr übrig, um zu zeigen dass es jetzt wirklich genug ist.
Sei beim Streicheln also bitte bei Deiner Katze und wenn Du gerade anderweitig beschäftigt bist, fass sie lieber nicht an – auch vom einfach nur neben oder auf Dir liegen kann Deine Katze schon sehr profitieren. Und wenn Du dann wieder mit dem Kopf bei ihr sein kannst, kannst Du sie ja auch wieder ganz entspannt streicheln und kraulen – und dabei auch auf ihre Körpersprache und darauf achten, dass ihr die Kuscheleinheit auch gefällt.
Einige gute Bücher zur Katzensprache findest Du übrigens hier.*
Ein absoluter Gamechanger beim Streicheln:
Mach alle 5-10 Sekunden eine ganz kleine Pause, heb die Hand etwas an und lass Deine Katze selbst entscheiden, ob sie weitergestreichelt werden will oder nicht.
Wendet sie sich daraufhin von Dir ab oder geht weg, dann ist das ein sehr guter Zeitpunkt, um aufzuhören und sich über das schöne Kuscheln davor zu freuen. Auch als Mensch möchte man ja nicht ewig lange umarmt werden, auch wenn es kurz vielleicht sehr schön ist.
Verlagert sie ihren Körper aber hin zu Deiner Hand oder signalisiert Dir mit einem Bick oder vielleicht sogar dem Heranziehen Deiner Hand mit der Pfote, dass Du weitermachen sollst, super schön, dann kann das Kuscheln weitergehen. Denn viel schöner als „nein“ sagen zu müssen, ist es doch aktiv „ja“ sagen zu können.
Berührungstraining
Lässt Deine Katze sich allgemein noch nicht so gerne überall am Körper anfassen, lohnt es sich, mit Medical Training und Berührungstraining zu starten. Dabei kann Deine Katze lernen, kooperativ berührt zu werden und diese Berührungen können später auf Bürsten, medizinische Untersuchungen, den Tierarztbesuch usw. ausgeweitet werden.
Eine Möglichkeit, ins Medical Training zu starten wäre beispielsweise dieser online Kurs hier*.
Wenn Du trotz der Tipps in diesem Beitrag noch nicht so ganz glücklich mit Eurer gemeinsamen Streichel-Routine bist und Dir dabei oder auch bei anderen Themen im Zusammenleben mit Deiner Katze gezielte Unterstützung wünscht, kannst Du gerne Dich gerne für eine tierärztliche Verhaltenstherapie bei mir melden.

Und jetzt erstmal viel Spaß beim Umsetzen der Tipps und dem zukünftigen gemeinsamen Kuscheln mit Deiner Katze. 😊
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Alle Produktempfehlungen sind persönliche Empfehlungen aus meiner Erfahrung als Katzenhalterin ohne tiermedizinischen Anspruch.